Ein „Biss“chen

Im vergangenen Sommer gab es immer wieder Berichte über unangenehme Begegnungen mit Giftschlangen. Die Angst vor einer solchen Situation war ein häufiges Thema von Anfragen an unsere Ordination. Auch in der Fachliteratur ist jetzt eine Studie über Kreuzotterbisse in Süddeutschland erschienen. Die Thematik erscheint also doch aktuell.

Schlangen sind wechselwarme Tiere. Das heißt, sie sind auf warme Umgebungstemperatur angewiesen. Daher ist mit dem Auftreten von Schlangen vor allem in der Zeit von Mai bis Oktober zu rechnen. In unseren Breiten kommen vorwiegend Kreuzottern und Sandvipern vor. Die häufigste Vorgeschichte ist, dass der Hund an warmen Tagen im Umkreis des Besitzers herumläuft, dabei ins Gestrüpp oder hohe Gras gerät, und plötzlich aufschreit. Die Erstsymptomatik hängt dann im Wesentlichen von der Lokalisation der Bissverletzung ab. Ist also ein Bein betroffen, so wird das Tier augenblicklich lahm oder auf drei Beinen laufen. Schlangen sind normalerweise aber Fluchttiere und beißen Tiere außerhalb des Beuteschemas erst dann, wenn sie in die Enge getrieben werden und eine Flucht unmöglich ist. Doch so schnell wie sich unsere Vierbeiner bewegen, kann das bald einmal der Fall sein. Manche Hunde und Katzen spielen auch mit diesen Tieren und reizen sie. Oftmals ist es gar nicht so einfach zu sagen, ob ein Schlangenbiss überhaupt stattgefunden hat. Definitiv ist es dann, wenn man zwei Bisslöcher im Abstand von sechs bis zehn Millimetern nachweisen kann. Bei einem „Streifschuss“ kann manchmal auch nur ein Loch zu finden sein.

Positiv anzumerken ist, dass bei Abwehrbissen die von der Schlange aus den Giftdrüsen abgegebene Giftmenge in der Regel reduziert ist. Beutetiere erhalten die volle Dosis. Das Gift der Vipern enthält ein Gemisch aus Proteasen, Phospholipasen und Hyaluronidasen. Die Blutgerinnung wird gehemmt, die Gefäße werden undicht, Nerven und Muskelgewebe werden geschädigt. Hyaluronidasen beschleunigen die Ausbreitung des Giftes im Gewebe.

Daraus ergeben sich auch die Symptome, die obwohl sehr unterschiedlich, sich auf drei Komplexe reduzieren lassen. Erstens tritt durch die Gewebeschädigung lokal eine schmerzhafte Schwellung auf. Wenn sich das Gift weiter ausbreitet, kommt es nach einigen Minuten zur Beeinträchtigung des Kreislaufs. Das kann sich in allgemeiner Schwäche, Durchfall und Erbrechen, erhöhter Atemfrequenz, Herzrasen und unsicherem Gang äußern. Ohne adäquate Therapie kommt es letztlich zum Verbluten und zur Hämolyse, dem Auflösen der roten Blutkörperchen. Die Wirkung des Giftes ist aber abhängig von der Dosis, der Konstitution und Größe des gebissenen Tieres und der Lage des Einbisses.

Als Erste- Hilfe- Maßnahme bietet sich nur an, die betroffene Körperstelle zu kühlen und diese ruhigzustellen. Bitte wenden Sie keine Cowboymethoden wie Aussaugen oder Einschneiden der Bisswunde an. Binden Sie auch keine Extremitäten ab. Die einzige Möglichkeit ist bei Verdacht, denn ein Biss lässt sich nicht immer nachweisen, sofort einen Tierarzt aufzusuchen. Bei rascher Behandlung und guter Konstitution des Patienten ist die Prognose in der Regel günstig.