Der Kreuzbandriss beim Hund

Ein sehr häufiges Szenario ist folgendes: Beim Laufen schreit der Hund plötzlich auf und belastet eine Hinterextremität nicht mehr bzw. nicht vollständig. Die Ursache für ein solches Geschehen ist sehr häufig ein Kreuzbandriss, genauer ein Ein- oder Abriss des vorderen Kreuzbandes. Wie beim Menschen unterscheidet man ein vorderes und ein hinteres Kreuzband. Das vordere Kreuzband stabilisiert das Kniegelenk, indem es während der Belastung vorwiegend ein Verrutschen des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel nach vorne verhindert. Diese Bewegung wird als Schubladenbewegung bezeichnet. Durch diese Bewegung kommt es zu einer Schädigung der Menisken. Die beiden Menisken, ein innerer und ein äußerer, haben die Aufgabe, die Ungleichheit der Gelenksoberflächen zwischen Ober- und Unterschenkel auszugleichen. Es handelt sich dabei um zwei Knorpelstückchen, die in etwa wie zwei Mandarinenscheiben aussehen. Diesen Menisken kommt eine wesentliche Bedeutung in der Kraftübertragung und Gelenksfunktion des Knies zu. Durch die Knieinstabilität kommt es zu einem wiederholten Einklemmen des Meniskushinterhorns und dadurch zu einem Knorpelschaden, der schließlich eine chronische Kniegelenksentzündung, eine sogenannte Arthrose hervorruft. Diese Arthrose ist fortschreitend und kann in einem vollständigen Verlust der Gelenksfunktion enden.

Warum es zu solchen Bänderrissen kommt, ist aber nach wie vor weitgehend ungeklärt. Sehr häufig handelt es sich dabei aber um eine Degeneration, eine Art „vorzeitiges Altern“, des vorderen Kreuzbandes. Durch diese Vorschädigung reicht oft eine kleine Überbelastung aus, um einen Riss der Bandfasern zu verursachen, ähnlich einem zerschlissenen Seil. Am häufigsten sind davon junge, große und alte, kleine Hunde betroffen. Der Zustand der Kreuzbänder der jungen Hunde entspricht dabei oft dem eines 7-jährigen oder älteren Hundes. Häufig werden die Rassen Neufundländer, Rottweiler, Golden- und Labrador Retriever, Bulldogge und Boxer genannt. Doch nur für den Neufundländer ist derzeit eine genetische Prädisposition nachgewiesen. Tritt bei einem solchen Hund ein Kreuzbandriss auf, dann ist leider damit zu rechnen, dass meist innerhalb eines Jahres die gegenüberliegende Seite auch betroffen ist.

Während vollständige Kreuzbandrisse in der Regel recht einfach zu diagnostizieren sind, stellen die unvollständigen häufig eine diagnostische Herausforderung dar. Neben einer Röntgenuntersuchung, sind dabei nicht selten eine arthroskopische oder computertomographische Untersuchung notwendig. Eine konservative Therapie mit Ruhigstellung, Gewichtsabnahme und der Verabreichung von entzündungshemmenden Medikamenten ist nicht ratsam, da die eigentliche Ursache, die Instabilität des Kniegelenks nicht behandelt wird, und in der Folge eine Kniegelenksarthrose und Meniskusläsionen nach sich zieht. Bei den chirurgischen Therapiemethoden werden heute sogenannte „extrakapsuläre“ Verfahren, bei denen das vordere Kreuzband durch ein künstliches Band ersetzt wird, und die moderneren Umstellungsosteotomien angewandt. Zu den Umstellungsosteotomien zählen die TPLO und die TTA. Dabei wird durch Veränderung der Gelenksanatomie die Gelenksinstabilität aufgehoben. Letztere werden vom Autor bevorzugt, doch welche Methode letztlich angewandt wird, liegt im Ermessen des Chirurgen.